Heidelberger US-Gelände erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Die Ausstellung "Zäsur" belebt Villa und Park der Kommandantenvilla auf dem ehemaligen Heidelberger US-Gelände

 

09.04.2016, 06:00 Uhr

Woher und wohin? Die Künstlerin Caroline Laengerer hat dick mit Moss bewachsene Koffer in den Park der ehemaligen Kommandantenvilla gestellt, um die Besucher zur Auseinandersetzung mit diesen Fragen anzuregen. Foto: Philipp Rothe

 

 

Von Ingeborg Salomon

Das ehemalige US-Militärgelände in der Südstadt war für die meisten Heidelberger jahrzehntelang nicht zugänglich, "off limits" Das ändert sich jetzt, die Konversionsflächen bieten eine einmalige Chance, dass die Heidelberger Gelände und Gebäude mit neuem Leben füllen. Eine Zäsur ist gesetzt, und so heißt auch die Ausstellung, die am Sonntag im Park und in der Villa des ehemaligen US-Kommandanten eröffnet wird.

Neun Künstlerinnen und drei Künstler aus dem Forum für Kunst erwecken Garten und Haus aus dem Dornröschenschlaf und haben sich zu Themen wie Weggang, Umwandlung und Neubeginn sehr unterschiedliche Gedanken gemacht. "Es gab keine Vorgaben, nur die des Ortes", erklärte Grete Werner-Wesner, die die Ausstellung kuratiert hat. Sie selbst hat unter anderem ein großformatiges Bild im Park beigesteuert, das viele begeisterte Menschen zeigt, "so, wie es hier vielleicht sein könnte".

Gute Laune macht die Ausstellung auf jeden Fall, werden die Besucher doch gleich zu Beginn im Pförtnerhäuschen an der westlichen Rheinstraße mit textilen Installationen begrüßt. Petra Lindenmeyer hat fleißig gehäkelt und Wollfäden gespannt, um das "Guarded House", so der Titel, in eine textile Installation zu verwandeln. Auch an einen der imposanten, aber inzwischen ziemlich gestutzten Bäume hat die Künstlerin Hand angelegt und ihn mit schützenden Häkeldeckchen dekoriert.

In deutlichem Kontrast zu diesen kuscheligen Exponaten steht die Installation "feld" von Anna Debora Zimmermann. Auf einer Plane, bedeckt mit Asche, Holzkohle und Erde, liegen Skulpturen aus Kupfer- und Aluminiumstreifen, die (noch) in der Sonne glänzen, aber ständig der Witterung ausgesetzt sind. "Kupfer ist für mich ein wichtiges Material, auch als Energieträger", erklärt die Künstlerin. In der Kommandantenvilla ist sie mit einer weiteren, völlig anders gestalteten Installation vertreten. Bei "Les Misérables" bewegen sich aufgeblasene Schwimmflügel aus durchsichtigem Plastik im sanften Lufthauch, dazu wispert eine Stimme unverständliche Worte. Wer dabei an Flüchtlinge auf dem Mittelmeer denkt, liegt nicht ganz falsch, wie Grete Werner-Wesner erklärt: "Als wir vor 18 Monaten angefangen haben, über die Ausstellung nachzudenken, wussten wir noch nicht, wie sehr das Thema Flüchtlinge unsere Arbeiten beeinflussen würde".

Bei Isabell Riederers Installation "Fliehendes Schuhwerke" wird das besonders deutlich, hier versuchen Flip Flops, hergestellt aus recycelten Milchtüten, einen Drahtzaun zu überklettern. Und Caroline Laengerer stellt dick mit Moss überwachsene Koffer in den Park. Wem mögen sie gehört haben? Wer hat sie zurückgelassen? Was ist hier geschehen? Diese Fragen bewegen auch Susanne Bauernschmitt, die das gewaltige Wohnzimmer der Kommandantenvilla wiederbelebt hat mit Zeichnungen an den Wänden. Sofa, Kaminbesteck, Bücherregal und Kissen zeugen von vergangener Wohnlichkeit. So könnte es ausgesehen haben - oder auch ganz anders.

Info: Die Ausstellung "Zäsur" wird am Sonntag, 10. April, um 11 Uhr im Kommandantenhaus eröffnet, der Eingang ist über die westliche Rheinstraße. Geöffnet ist bis 8. Mai, jeweils Sa und So von 12 bis 18 Uhr.